Unbequeme Positionen. Intolleranza 1960 heute

Donnerstag, 29.09.
20:45 Uhr

Kuratiertes Panel, Foyer der Komischen Oper Berlin

Moderation: Johanna Wall & Clemens Risi

Zum Auftakt der ersten Spielzeit unter der neuen Intendanz von Susanne Moser und Philip Bröking steht mit Intolleranza 1960 eines der konsequentesten politischen
Musiktheaterwerke des 20. Jahrhunderts auf dem Spielplan der Komischen Oper Berlin. Der italienische Komponist und überzeugte Kommunist Luigi Nono setzte hierfür die Geschichte eines geschundenen Gastarbeiters, der den Weg in die Heimat sucht und dabei nicht nur eine Gefährtin, sondern auch sein politisches Gewissen und zuletzt den Tod findet, in starke und unerhört neue Töne. Das Ergebnis führte bei der Uraufführung am 13. April 1961 bei der Biennale in Venedig im Publikum zu großen Protesten. Regisseur Marco Štorman und Bühnenbildner Márton Ágh verwandeln für ihre Inszenierung unter der musikalischen Leitung von Gabriel Feltz den Raum der Komischen Oper Berlin in eine gleißend weiße Eiswüste. Im Zentrum steht für sie das Ringen des Einzelnen um einen möglichen Weg in einer scheinbar ausweglosen Welt.
In dieser Neu-Produktion von Nonos Intolleranza 1960 werden mannigfache „urgent matters“ verhandelt, musikalische, politische wie Aufführungs-bezogene, die sowohl
für die Entstehungszeit des Stücks als auch für unsere Gegenwart zentral sind. Die Positionen des Publikums der Neu-Produktion im Raum (im Sinne von Positionierungen und Verteilung) können dabei als ebenso unbequem bezeichnet werden wie die von den Autor:innen des Ausgangsmaterials vertretenen politischen und musiktheatralen Positionen. Diesen „unbequemen Positionen“ als „urgent matters“ wollen wir in einem Panel mit Mitgliedern der Produktion und einer musik- und theaterwissenschaftlichen Perspektivierung nachspüren.

Die Komische Oper Berlin ist offizielle Kooperationspartnerin und Mit-Ausrichterin des Panels. Das Panel findet als Podiumsdiskussion direkt im Anschluss an eine Aufführung von Intolleranza 1960 im Foyer der Komischen Oper Berlin statt. Die Vorstellung beginnt am Donnerstag, 29.9. um 19:00 Uhr; das Panel im Anschluss ca. 20:45 Uhr.

Mit: Dr. Irene Lehmann (Theaterwissenschaftlerin, Erlangen-Nürnberg), Sean Panikkar
(Tenor) und Marco Štorman (Regisseur)

Dr. Irene Lehmann, Theaterwissenschaftlerin, freie Autorin und Dramaturgin. Promotion über Luigi Nonos Musiktheater, Co-Herausgeberin der Bücher "Sounding Fragilities" und "Gender on Stage". Schwerpunkte: experimentelle Musik und Musiktheater, Theater der Avantgarden, künstlerische Forschungspraktiken.

Sean Panikkar, Tenor, Gast-Solist in der Rolle des Emigrante in der Produktion von Luigi Nonos „Intolleranza 1960“, Komische Oper Berlin; wichtige Stationen u.a.: The Metropolitan Opera New York, Salzburger Festspiele, Wiener Staatsoper, Teatro alla Scala di Milano; an der Komischen Oper Berlin zuletzt: Dionysos in Hans Werner Henzes „The Bassarids.

Clemens Risi, Professor für Theaterwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Forschungsschwerpunkte: Aufführungsanalyse, Musiktheater vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Affekte und Emotionen in Musik und Theater, Rhythmus und Zeiterfahrungen im Theater, clemens.risi@fau.de

Marco Štorman, Gast-Regisseur der Produktion „Intolleranza 1960“, Komische Oper Berlin; wichtige Stationen u.a.: Thalia Theater in Hamburg, Luzerner Theater, Biennale für zeitgenössische Musik in München, Schauspielhaus Wien, Staatstheater Nürnberg, Staatsoper Stuttgart. Marco Štormans Arbeiten bewegen sich immer wieder auf dem Grenzbereich von Schauspiel und Musiktheater und untersuchen die Grenze von Bühne und Zuschauerraum.

Johanna Wall, Chefdramaturgin Komische Oper Berlin, wichtige Stationen zuvor u.a.: Staatstheater Oldenburg, Operndirektorin und künstlerische Leiterin der Sparte Oper des Luzerner Theaters. Johanna Wall ist auch als Dozentin tätig, u.a. an der FU Berlin, der Universität Hildesheim und der Universität Bayreuth.