Wie stehen die Fronten? Konfliktlinien, Rhetoriken und Verfahren der Dringlichkeit im Proletarischen Arbeitertheater um 1930

Freitag, 30.09.
09:00–10:30 Uhr

Kuratiertes Panel, Seminarzentrum Raum L115

Moderation: die Beteiligten

Wie alle Künste sehen sich auch Theaterschaffende heute mit einer Vielzahl gravierender Krisenbefunde und den daraus entstehenden Diskursen dringlicher Verantwortung konfrontiert. Pandemie, Klimawandel, Intersektionalität, Neoliberalismus und Populismus spannen Frontlinien auf und tragen zur Spaltung der Gesellschaft bei, und jüngst bedroht Putins Angriffskrieg in der Ukraine die Europäischen Demokratien in ihren Grundfesten. Wie performative Praktiken diesen aktuellen weltpolitischen Herausforderungen begegnen, welche thematisch-analytischen, wie auch interventionistischen Formen sie zum Einsatz bringen, wird noch zu sehen sein. Angesichts des „Dunkel des gelebten Augenblicks“ (Ernst Bloch, 1938) lohnt in genealogischer Tradition der Blick in die Geschichte des politischen Theaters, um die Bedingungen und die Architektur interventionistischer Theaterformen besser zu verstehen. So sahen sich 1930 insbesondere Theatermacher*innen in marxistischer Tradition angesichts des erstarkenden Faschismus einerseits und der zunehmenden Restriktionen des Stalinismus andererseits einem ähnlich diffusen Interventionsdruck gegenüber, der dazu zwang, die Mittel des einst hoffnungsvoll propagierten proletarischen Theaters zu hinterfragen. Die Vorträge dieses kuratierten Panels untersuchen jeweils ausgehend von einer historischen Quelle Konfliktlinien, Rhetoriken und Verfahren der Dringlichkeit im proletarischen Arbeitertheater um 1930, die Parallelen zu heutigen theatralen Formensprachen aufweisen. Zu fragen ist nach den latenten Nachwirkungen des proletarischen Arbeitertheaters, das historisch gescheitert zu sein schien.

Simone Niehoff, wissenschaftliche Mitarbeiterin/Postdoc GRK „Ästhetische Praxis“ der Universität Hildesheim, Forschungsschwerpunkte: Politisches Theater, Interventionen, Vielstimmigkeit, niehoff.simone@gmail.com
 
Eva Renvert, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Postdoc Forschungsprogramm „Archäologie der Theaterpädagogik“, Hochschule Osnabrück, Forschungsschwerpunkte: Theater als Intervention im Sozialen Feld, Arbeitertheater im 20. Jh., e.renvert@hs-osnabrueck.de
 
Matthias Warstat, Professor für Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin, Arbeitsschwerpunkte: Politisches Theater, Theater und Gesellschaft, Theatergeschichte der Moderne, E-Mail-Adresse: matthias.warstat@fu-berlin.de
 
Mimmi Woisnitza, wissenschaftliche Mitarbeiterin/Post-Doc, SFB 1512 “Intervenierende Künste”, Leuphana Universität Lüneburg, Forschungsschwerpunkte: Theaterhistoriographie, Europäische Theateravantgarden, Theater als soziale Intervention, woisnitza@leuphana.de